
HALIM YOUSSEF: Liebe im Schatten der dunklen Flaggen
Birgit Böllinger: Büro für Text & Literatur

2014 richtete sich die internationale Aufmerksamkeit auf die syrische Stadt Kobane: Truppen der Terrororganisation „Islamischer Staat“ griffen die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt an und versuchten sie zu erobern. Der mutige Widerstand der kurdischen Milizen, der syrischen Volksverteidigungseinheiten und der Stadtbewohner verhinderten die Übernahme und Massaker durch den IS. Dennoch fanden unzählige Menschen den Tod, zahlreiche weitere Bewohner der kurdischen Region flüchteten in die Türkei.
In die Zeit dieser Kämpfe siedelt der kurdische Autor Halim Youssef eine berührende Liebesgeschichte an: In „Liebe im Schatten der dunklen Flaggen“ erzählt Youssef von Rodi und Perwin, die trotz aller Widerstände wenigstens für eine kurze Zeit zueinander finden. Eingebettet in eine Rahmenhandlung, in der zwei junge Filmemacher buchstäblich über den Tod hinaus davon träumen, die Geschehnisse in Kobane festzuhalten, lässt der Autor eine Vielzahl von Stimmen erklingen: Erschütternde Zeugnisse von der Grausamkeit der radikalen Islamisten, von hingeschlachteten Menschen und zerstörten Familien, aber auch Zeugnisse von Hoffnung, Mut und Liebe.
Durch die zentrale Liebesgeschichte wird die Hoffnung, die Menschen selbst in Zeiten des Todes und der Zerstörung nicht verlässt, auf wundervolle Weise dargestellt – bis die Realität auf grausame Weise zum Vorschein kommt. „Liebe im Schatten der dunklen Flaggen“ gibt nicht nur einen ausdrucksstarken Einblick in die Schrecken des Krieges, sondern stellt auch die Stärke der Frauen – viele kämpften selbst in den kurdischen Einheiten – in Zeiten der Hoffnungslosigkeit in den Vordergrund. Der Roman erschien zunächst in der Türkei und erlebte dort drei Auflagen. Nun liegt er ab dem 15. September erstmals in deutscher Übersetzung durch Elisabeth Ruetz im Sujet Verlag vor.